Nießbrauch oder Rente?
Die Wertentwicklung von Immobilien ging jahrelang kontinuierlich nach oben. Die erbschaftsteuerlichen Freibeträge und Steuersätze stagnieren dagegen seit 2008. Grund genug, sich bereits lebzeitig mit Gestaltungsansätzen zur Übertragung von Grundvermögen zu beschäftigen. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen kurz die Vor- und Nachteile einer Schenkung unter Nießbrauchvorbehalt auf und erläutern die Alternative einer Übertragung gegen Rentenzahlung.
Wer Immobilien des Privatvermögens im Rahmen vorweggenommener Erbfolge auf die nächste Generation übertragen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten. Die steuerlichen Folgen können jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Neben der reinen Schenkung kommen eine Übertragung gegen Übernahme von Verbindlichkeiten, gegen (Teil-)Zahlung oder Gleichstellungsgeld oder unter vorheriger Einbringung in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG in Betracht. Die in der Praxis beliebteste Gestaltungsvariante ist jedoch nach wie vor die Schenkung unter Vorbehalt des Nießbrauchrechts. Dagegen wird die Übertragung unter der Auflage, an den Übergeber eine Rente zu zahlen, eher selten umgesetzt. Nach Klärung von rechtlichen Unsicherheiten durch den Bundesfinanzhof stellt diese Variante jedoch im Einzelfall eine aus steuerlicher Sicht durchaus attraktive Alternative zum Nießbrauch dar.
Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt
Ein Vorbehaltsnießbrauch liegt vor, wenn der Eigentümer dem Berechtigten das Eigentum an dem Grundstück überträgt, gleichzeitig aber ein Nießbrauchsrecht an der gesamten Immobilie oder einem Teil davon zurückbehält. Die Bestellung des Vorbehaltsnießbrauches ist in diesem Zusammenhang nicht als Gegenleistung des neuen Eigentümers zu qualifizieren.
Schenkungsteuerlich wirkt sich eine Nießbrauchsverpflichtung mindernd auf die Höhe der Schenkungssteuer aus. Der bei der Bemessung der Zuwendung absetzbare Kapitalwert des Nutzungsrechts wird regelmäßig nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelt, es sei denn, dieser wurde bereits im Rahmen eines Immobiliengutachtens wertmindernd berücksichtigt. Streitanfällig ist die Ermittlung des Jahreswertes als Ausgangsgröße für die Berechnung des Kapitalwerts der Belastung.
Behält sich der Übergeber ein Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundstück vor, führt dies insoweit nicht zu einem Entgelt. Der Übernehmer erwirbt das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück. Mangels eines Entgelts erzielt der Übertragende damit keinen Veräußerungserlös. Korrespondierend dazu hat der Erwerber keine Anschaffungskosten.
Einkommensteuerlich handelt es sich damit um kein Veräußerungsgeschäft. Als Träger der Rechte eines Vermieters erzielt der Nießbraucher weiterhin die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Hat er sich das Nießbrauchrecht vorbehalten, kann der Nießbrauchberechtigte auch die Abschreibungen fortführen. Der neue Eigentümer kann mangels Nutzungsbefugnis und damit ausgeschlossener Einkünfteerzielung weder Werbungskosten noch Abschreibungen geltend machen.
Ist der Wert der Immobilie gestiegen führt diese Form der Übertragung bei der Einkommensteuer also nicht zu einer Hebung von neuem Abschreibungspotential. Da auch die zivilrechtlichen Regelungen für die Kostenverteilung zwischen Nießbrauchsberechtigten und -verpflichteten aus steuerlicher Sicht nicht immer optimal und damit anpassungsbedürftig sind, ist es geboten, als Alternative die Übertragung gegen Rentenzahlung im Blick zu behalten.
Übertragung gegen Rentenzahlung
Bei einer Übertragung gegen Vereinbarung einer Rente wird man unter Angehörigen im Regelfall davon ausgehen, dass die Rente nach dem Versorgungsbedarf des Übergebers und nicht im Rahmen einer Abwägung von Leistung und Gegenleistung wie unter fremden Dritten bemessen wurde. Liegen danach Versorgungsleistungen vor, handelt es sich nach neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – anders als beim Nießbrauch – um ein Entgelt, das sich nach dem Barwert der Rentenverpflichtung bemisst.
Lediglich wenn der Barwert der Rentenverpflichtung mehr als doppelt so hoch ist wie der Wert des übertragenen Grundvermögens, nimmt die Finanzverwaltung steuerlich unbeachtliche Unterhaltsleistungen an. Dies dürfte jedoch die Ausnahme sein und lässt sich im Vorfeld berechnen und gestalten.
Die Annahme eines Entgelts in Zusammenhang mit der Übertragung von Grundstücken im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge wird regelmäßig von großem Vorteil sein, wenn das Grundstück langjährig (mehr als 10 Jahre) im Bestand des Übergebers ist und die bisherigen Abschreibungen niedrig oder sogar bereits abgelaufen sind. In Höhe des Rentenbarwerts hat der Übernehmer neue Anschaffungskosten und erwirbt damit im Gegensatz zum Nießbrauch neues Abschreibungspotential.
Einkommensteuerlich erzielt damit im Gegensatz zum Nießbrauchmodell der Erwerber fortan die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Liegt der individuelle Einkommensteuersatz eines Kindes (zum Beispiel während eines Studiums) unter dem der Eltern, führt dies in der Familie zu weiteren Steuervorteilen.
In Höhe des Zinsanteils der Rente (Ertragsanteil) erzielt der Abgeber sonstige Einkünfte. Korrespondierend dazu kann der Erwerber den Betrag im Rahmen der Vermietungseinkünfte als Finanzierungskosten absetzen.
Schenkungssteuerlich liegt in eine gemischte Schenkung vor, so dass sich der Barwert der Rentenzahlung auch hier steuermindernd auswirkt. Zu beachten sind jedoch weitere steuerliche Folgen, wenn die Rente dem Übergeber allein zusteht und für den Fall des Vorversterbens eine Rente an den überlebenden Ehegatten zu zahlen ist oder dem Ehegatten ggf. von vorneherein eine (anteilige) Rente zugewendet wird.
Fazit
Leider wird in der Beratungspraxis häufig übersehen, dass eine Übertragung gegen Rentenzahlung gegenüber einer Übertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt deutlich vorteilhafter sein kann. Dies gilt auch deshalb, weil der Übernehmer dann „Herrscher“ über das Grundstück wird. Bei zunehmendem Alter stellt sich eine Übertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt oftmals als unglücklich heraus, wenn eine Überforderung des Übergebers mit der Verwaltung des Grundstücks eintritt. Die Rentenzahlung kann grundbuchrechtlich abgesichert werden. Ebenso können ggf. Rückforderungsklauseln in Betracht gezogen werden.
Sie sollten sich in jedem Einzelfall vor Umsetzung der Übertragung von Arps-Aubert+Partner beraten lassen. Dies gilt umso mehr, wenn keine nahen Angehörigen oder fremde Dritte als Vertragspartner vorgesehen sind. In diesen Fällen kommen grunderwerbsteuerliche Aspekte hinzu. Nutzen Sie unsere besondere Expertise zu Immobilienübertragungen und -bewertungen!