Steuerliche Liegenschaftszinssätze in Berlin sind rechtswidrig!

2. Juni 2024

Die Bewertung von Mietshäusern in Berlin für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist rechtswidrig! In dem von uns geführten Verfahren 3 K 3022/22 hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 24.04.2024 zugunsten unseres Mandanten entschieden, dass im Rahmen des steuerlichen Ertragswertverfahrens nicht die vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin veröffentlichten "steuerlichen Liegenschaftszinssätze", sondern die für den Steuerpflichtigen regelmäßig günstigeren allgemeinen Liegenschaftszinssätze des Gutachterausschusses anzuwenden sind.

von Arps-Aubert + Partner erwirkt wichtiges Urteil!

In dem von uns anhängig gemachten Fall konnte durch das erstrittene Urteil der Grundbesitzwert um rund 700.000 Euro gemindert werden, was für unseren Mandanten zu einer Reduzierung der Erbschaftssteuer um rund 120.000 Euro geführt hat.

Worum geht es?

Angesichts der in den letzten 10 Jahren explodierenden Immobilienpreise kommt es (insbesondere in den Ballungsräumen) im Fall von Erbschaften und Schenkungen aktuell zu hohen Steuerbelastungen, da die persönlichen Erbschaftssteuer-Freibeträge bereits bei geringerem Grundbesitz häufig um ein Vielfaches überstiegen werden. (Grundsätzliche Fragen zum Thema beantworten wir in unserem Beitrag "Schenkungssteuer Immobilien".) Vor diesem Hintergrund ist eine korrekte und möglichst niedrige Bewertung der Immobilie wichtiger denn je. Bei Mietwohngrundstücken spielt dabei der Liegenschaftszinssatz eine besondere Rolle, da sich dieser sowohl bei der Abzinsung des Bodenwerts als auch auf die Höhe des auf den Gebäudeertrag anzuwendenen Vervielfäligers auswirkt. Dabei gilt: Je höher der Zinssatz, desto niedriger der Grundbesitzwert.

"Steuerliche" Liegenschaftszinssätze gelten nicht!

Vor diesem Hintergrund war zweifelhaft, ob die (nur) vom Berliner Gutachterausschuss veröffentlichten separaten (niedrigeren) Liegenschaftszinssätze für die steuerliche Bewertung geeignet sind. In dem von uns geführten Verfahren hat das Finanzgericht dies nun verneint.

Nach Ansicht des Finanzgerichts sind Liegenschaftszinssätze für die Bewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer geeignet i. S. des § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG, selbst wenn der Gutachterausschuss bei deren Ermittlung die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach der ImmoWertV 2010 und nicht nach dem Bewertungsgesetz (BewG) bestimmt hat. Auch der von der Finanzverwaltung wiederholt betonte Grundsatz der Modellkonformität gebietet es nicht, für die steuerliche Bewertung im typisierten Ertragswertverfahren auf solche Liegenschaftszinssätze zurückzugreifen, welche der Gutachterausschuss unter Verwendung eines den Vorgaben von § 185 Abs. 3 Satz 3, Anlage 22 a. F. BewG entsprechenden Restnutzungsdauermodells ermittelt hat.

Mietshäuser in Berlin werden zu hoch bewertet!

Da die allgemeinen Liegenschaftszinssätze des Gutachterausschusses regelmäßig höher sind als die von den Berliner Finanzämtern angewendeten „steuerlichen LZS“, kommt es bei Mietwohngrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken in Berlin zu Überbewertungen. Je niedriger der Liegenschaftszinssatz, desto höher der Grundbesitzwert. Die Absenkung des Liegenschaftszinssatzes um 0,5 % führt bei einem mittleren Gebäudealter mathematisch zu einem um ca. 10 % höheren Grundbesitzwert!

Zu beachten ist, dass sich das Urteil auf den Besteuerungsstichtag 13.04.2019 bezieht und sich die Rechtslage für Stichtage ab 01.01.2023 insoweit verändert hat, als § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG n. F. nunmehr auf § 177 Abs. 2 und Abs. 3 BewG n. F. verweist, wo konkrete Anforderungen an die Liegenschaftszinssätze geregelt sind, welche sich teilweise von den bisherigen Anforderungen unterscheiden. Auch wurden die Gesamtnutzungsdauern in Anlage 22 BewG n. F. an diejenigen in Anlage 1 ImmoWertV 2021 angeglichen.

Unbedingt Einspruch einlegen!

Feststellungsbescheide über im Ertragswertverfahren ermittelte Grundbesitzwerte sollten durch Einspruch offen gehalten werden.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Diese wurde zwischenzeitlich beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Wir sind die Experten für Immobilienbesteuerung und steuerliche Grundbesitzbewertung! Sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an!

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