Nicht entnommene Gewinne: reduzierter Steuersatz von 28,25 % — auch ohne GmbH
Mit einem einfachen Antrag können sie nicht entnommene Gewinne niedriger besteuern und so die Eigenkapitaldecke Ihres Unternehmens nachhaltig stärken. So profitieren Gewerbetreibende und Freiberufler auch ohne die Anmeldung einer GmbH von einer Steuerbelastung von weniger als 30 Prozent.
Hier erfahren Sie, wie auch Sie diesen Steuervorteil für sich nutzen können und unter welchen Bedingungen sich dies anbietet.
Einkommenssteuer Freiberufler & Personengesellschafter: die transparente Besteuerung umgehen
Bei Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Personengesellschaften wird der komplette Gewinn einmal sofort zum individuellen Spitzensteuersatz versteuert. Diese sogenannte transparente Besteuerung führt zu einer Sofortbelastung mit einer Einkommensteuer (ESt) von bis zu 45 Prozent. Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft – z. B. einer GmbH – werden dagegen gestaffelt besteuert. Im Zusammenhang mit nicht entnommenen Gewinnen werfen wir also zunächst einen Blick auf die GmbH.
Exkurs transparente Besteuerung: Personengesellschaften wie die GbR, OHG oder KG werden selbst nicht mit einer Einkommensteuer (ESt) belastet. Stattdessen unterliegt jeder Gesellschafter bzw. Mitunternehmer mit seinen anteiligen Einkünften aus der Personengesellschaft der Einkommensteuer (ESt). Dies wird als sogenannte transparente Besteuerung bzw. Transparenzprinzip bezeichnet. Die Einkommenssteuer bei Personengesellschaften fällt folglich für jeden Gesellschafter bzw. Mitunternehmer individuell und proportional zu seinen Anteilen an. Hinsichtlich der Gewinne einer Personengesellschaft für die einzelnen Gesellschafter bzw. Mitunternehmer ist der Mitunternehmeranteil proportional maßgebend.
Ein Beispiel:
Gewinn | 100 |
ESt (max. Grenzsteuersatz) | -45 |
Gewinn nach Steuern | 55 |
Gesamtsteuerbelastung | 45 |
Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, z.B. einer GmbH, werden hingegen gestaffelt besteuert. Zwar hat die GmbH den Gewinn auch sofort in voller Höhe zu versteuern, jedoch beträgt die Steuerbelastung mit Körperschaft und Gewerbesteuer je nach Hebesatz in der Regel nur rund 30 Prozent. Die Kapitalgesellschaft hat also nach Steuern einen deutlich höheren Gewinn übrig als das Personenunternehmen.
Der GmbH-Gesellschafter wiederum zahlt die Einkommenssteuer (ESt) erst dann, wenn eine Ausschüttung erfolgt. Er muss dann mit einer Abgeltungssteuer von 25 Prozent versteuern, woraus sich in Summe eine effektive Steuerbelastung von rund 47 Prozent ergibt.
Im Bezug auf das o.g. Beispiel sähe dies für die GmbH so aus:
1. Stufe (Kapitalgesellschaft) | |
Gewinn | 100 |
KSt, GewSt (ca.) | -30 |
Gewinn nach Steuern | 70 |
2. Stufe (Gesellschafter) | |
Ausschüttung | 70 |
ESt 25 % | -17,5 |
Gewinn nach Steuern | 52,5 |
Gesamtsteuerbelastung | 47,5 |
Bei einer GmbH liegt es in der Hand der Gesellschafterversammlung, ob eine Ausschüttung beschlossen wird oder nicht. Die Gesellschafterversammlung kann somit den Zeitpunkt der Besteuerung bestimmen. So erlaubt die GmbH als Unternehmensform Gestaltungsspielraum durch nicht entnommene Gewinne. Dieser Vorteil gilt jedoch nicht exklusiv für die GmbH.
Vorteil GmbH: nicht ausgeschüttete Gewinne werden niedriger besteuert
Auch wenn die Steuerbelastung bei der GmbH damit insgesamt etwas höher ausfällt als beim Personenunternehmen, ergibt sich ein nicht zu verachtender Vorteil: Sollen Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern betrieblich reinvestiert werden, stehen der Kapitalgesellschaft regelmäßig höhere finanzielle Mittel als einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft zur Verfügung. Denn in diesem Fall erfolgt lediglich die Besteuerung auf Ebene der Kapitalgesellschaft mit rund 30 Prozent.
Die Gründung einer GmbH ist nicht notwendig
Um nun die steuerliche Vorbelastung von Gewinnen zu minimieren, wird gemeinhin empfohlen, eine GmbH zu gründen. In Bezug auf Steuervorteile durch nicht entnommene Gewinne ist dies jedoch nicht notwendig. Natürlich mag es im Einzelfall weitere Gründe geben, die für eine Kapitalgesellschaft sprechen. Der Steuerspareffekt für Gewinne, die dem Unternehmen nicht entzogen werden, lässt sich für Personenunternehmen jedoch gleichermaßen erreichen.
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Steuerbegünstigungen des nicht entnommenen Gewinns
§ 34a des Einkommensteuergesetzes ermöglicht es, Gewinne zu einem pauschalen Steuersatz von nur 28,25 Prozent zu versteuern. Gemäß § 34a EstG fallen darunter:
- Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft,
- Gewinne aus Gewerbebetrieb und
- Gewinne aus selbständiger Arbeit.
Der Vorteil: Dem Unternehmen bzw. dem Freiberufler bleiben damit wie bei einer GmbH mehr als 70 Prozent für betriebliche Reinvestitionen erhalten, wenn die Gewinne nicht entnommen werden.
Der Nachteil: Wird der thesaurierte Gewinn in späteren Jahren entnommen, findet ähnlich wie bei der Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft eine Nachversteuerung statt. Diese erfolgt zu einem pauschalen Steuersatz von ebenfalls 25 Prozent – also analog zur Abgeltungssteuer des thesaurierten Nettogewinns.
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Beispiel für Steuerbegünstigungen nicht entnommener Gewinne gemäß § 34a EstG
Einzelunternehmer A ist ledig und hat im Jahr 2023 einen Gewinn in Höhe von 520.000 € erzielt. Von diesem Gewinn hat er 200.000 € nicht aus dem Betrieb entnommen.
Nach 20.000 € Abzug für Vorsorgeaufwendungen soll sein zu versteuerndes Einkommen 500.000 € betragen. Aufgrund der direkten Einmalbesteuerung auf Ebene des Unternehmens, führt das Einkommen demnach zu einer tariflichen Einkommensteuer (ESt) von 206.692 €.
Auf Antrag könnte Einzelunternehmer A nun den nicht entnommenen Gewinn mit lediglich 28,25 Prozent versteuern. Damit würden 300.000 € der tariflichen Einkommensteuer (ESt) unterliegen und zu einer Einkommenssteuer (ESt) von 116.692 € führen.
Auf den nicht entnommenen Gewinn von 200.000 € würden lediglich 28,25 Prozent, also 56.500 € Einkommensteuer anfallen. Somit würde sich die Einkommensteuer auf einen Betrag belaufen, der 33.500 € niedriger ausfällt. Diese Steuerersparnis steht A dann für betriebliche Investitionen zusätzlich zur Verfügung.
Wird der begünstigte Betrag gegebenenfalls auch viele Jahre später entnommen, hat A den thesaurierten Nettogewinn dann nachzuversteuern. Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird mit 25 Prozent erfasst. Das heißt: Hier fallen nachträglich 35.875 € Einkommensteuer an.
Sofortbesteuerung | |
Gewinn | 520000 |
(davon nicht entnommen) | -200000 |
Sonderausgaben | -20000 |
zu versteuern | 500000 |
ESt | -206692 |
Gesamtsteuerbelastung | 41,34 % |
Ergebnis nach Steuern | 293308 |
Damit steht fest, dass die Regelung selbst im Spitzensteuersatz nicht zu einem tatsächlichen in Euro ausgedrückten Vorteil führt. Die Gesamtsteuerbelastung entspricht dann etwa dem von der GmbH ausgeschütteten Gewinn. Aber auch Unternehmen und Freiberufler, die nicht in einer GmbH organisiert sind, haben so die Möglichkeit, steuerlich von nicht entnommenen Gewinnen zu profitieren.
Vorteil: Schaffung von Liquidität (Eigenkapital), kein Inflationsausgleich
Der Vorteil besteht vielmehr darin, dass die betriebliche Liquidität geschont wird. Diese kann in den kommenden Jahren gewinnsteigernd eingesetzt werden oder es können zinsteure Darlehen abgelöst bzw. vermieden werde. Zudem kommt es in Folge der Inflation zu einer Abwertung der Kaufkraft der thesaurierten Steuern.
Im Ergebnis führt dieser Prozess dazu, dass zum Zeitpunkt der Nachversteuerung eine effektiv geringere Steuerbelastung greifen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Überentnahmen erst viele Jahre später erfolgen, das Geld also langfristig im Betrieb verbleibt.
Im Ergebnis soll die Gewinnthesaurierung des Paragraf 34a Einkommensteuergesetz durch nicht entnommene Gewinne ermöglichen, dass Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften mit den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften annähernd gleich besteuert werden. Durch das Wachstumschancengesetz 2023 wurde die Regelung nochmals deutlich verbessert.
Voraussetzung zur Inanspruchnahme der Begünstigung
Wesentliche Voraussetzung ist, dass der Gewinn durch Bilanzierung ermittelt wird. Gerade Freiberufler können gut von der Besteuerung nicht entnommener Gewinne profitieren. Sie ermitteln ihren Gewinn allerdings häufig durch eine sogenannte Einnahme-Überschussrechnung. Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart zur Bilanzierung sollte also unbedingt geprüft werden. Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart ist dem Finanzamt zudem zeitnah zum Jahreswechsel anzuzeigen.
Begünstigt sind auch Gesellschafter einer Personengesellschaft, wenn der Gewinnanteil des Gesellschafters mehr als 10 Prozent des Gesamtgewinns bzw. über 10.000 € beträgt. Ferner gilt im Zusammenhang mit nicht entnommenen Gewinnen: Jeder Gesellschafter kann sich selbst gesondert dazu entscheiden, ob er eine Thesaurierung wünscht oder nicht.
Die Steuerermäßigung ist weiterhin antragsgebunden. Der Antrag auf die begünstigte Thesaurierungsbesteuerung ist bei dem für die Einkommensteuer zuständigen Finanzamt zu stellen und kann sogar noch im Einspruchsverfahren nachgeholt werden.
Übrigens: Gerne beraten Sie unsere Steuerberater bzgl. des Jahresabschlusses. Auch hier gibt es für Personengesellschaften großes Sparpotenzial.
Wann erfolgt die Nachversteuerung?
Zu welchem Zeitpunkt die Nachversteuerung erfolgt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Theoretisch kann die Nachversteuerung unendlich hinausgeschoben werden, sogar über den Tod des Steuerzahlers hinaus. Der nachversteuerungspflichtige Betrag geht dann auf die Erben über.
Außerdem zu berücksichtigen in puncto nicht entnommene Gewinne: Es gibt aber auch Konstellationen, in denen eine Nachversteuerung zwingend vorzunehmen ist. Wird etwa in Jahren nach der Thesaurierung mehr entnommen als der Betrieb an Gewinn erwirtschaftet hat, muss in Höhe des Entnahmeüberhangs nachversteuert werden.
Dieses größte Risiko der Nachversteuerung sollte daher vorausschauend immer bedacht werden. Laufen die Geschäfte schlecht, kann es folglich kraft Gesetzes zu einer ungewollten Nachversteuerung kommen.
Eine Nachversteuerung erfolgt bei:
- späteren Überentnahmen
- Verkauf
- Betriebsaufgabe
- Realteilung
- Einbringung
- optional auf Antrag
Fazit: Zinsvorteile für Unternehmen höher als geringe Steuermehrbelastung
Die beschriebenen Regelungen eignen sich also nicht zum schnellen Steuersparen. Wer aber Zeit und Geld hat, kann über Jahre hinweg ein beträchtliches Sparpotenzial durch nicht entnommene Gewinne nutzen.
Vorteilhaft ist die Anwendung der Thesaurierung immer dann, wenn der aus dem zeitweise vorhandenen Steuerentlassungseffekt ergebene Zinsvorteil die Mehrbelastung bei eintretender Nachversteuerung überkompensiert.
Es kommt also darauf an, wie gewinnbringend der Unternehmer die zeitweise eingesparte Steuer einsetzen kann bzw. in welcher Höhe eine Fremdverschuldung umgangen wird. Daneben ist auch der Inflation ein entscheidender Faktor beizumessen.
Insgesamt ist die Regelung von nicht entnommenen Gewinnen also besonders geeignet für:
- operativtätige Betriebe mit erhöhtem Investitionsbedarf
- Betriebe und Freiberufler, die keine Kapitalgesellschaft gründen wollen oder dürfen (z. B. Apotheker oder Ärzte)
- Unternehmer, die den Spitzensteuersatz von 42 oder sogar 45 Prozent zahlen
- Personengesellschaften, welche die Risiken einer Option zur Körperschaftssteuer nach §1a des Körperschaftsteuergesetzes umgehen wollen
Alles in allem hält das Einkommensteuergesetz für Einzelunternehmer, Freiberufler und Gesellschafter von Personengesellschaften mit der Regelung zur begünstigten Besteuerung von nicht entnommenen Gewinnen also aus rein steuerlicher Sicht eine durchaus interessante Alternative zur GmbH bereit.
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